Von Stampfen und Ehrlichkeit
Wer einmal anfängt Chen Taiji zu lernen wird schnell merken, dass viele Bewegung in der Yilu sehr kraftvoll sind. Als Beispiel will ich hier mal das Stampfen bei Buddha’s Warrior Attendant Pounds Mortar
hernehmen. Das ist die erste Bewegung der Yilu und die erste mit Fajin.
Bekommt man diese Bewegung vorgeführt fangen natürlich alle an fleißig herumzustampfen. Es ist der Abschluss dieser ersten Bewegung und da ist so ein ordentlicher Stampfer natürlich angebracht. Oder nicht? Nun: eben nicht! Zunächst einmal ist es kein Stampfen, wobei man sich natürlich streiten könnte was Stampfen eigentlich genau ist. Um die genaue Mechanik der Bewegung die durchaus komplex und nicht einfach ist, soll es hier nicht genau gehen, stattdessen will ich etwas schreiben über
Ehrlich sein zu sich selbst.
Ehrlichkeit klingt jetzt etwas spirituell und hat durchaus Berührungspunkte mit Spiritualität, allerdings geht es hier um Taiji und beide hängen nicht, wie viele immer glauben, zusammen.
Was also meine ich mit ehrlich zu sich selbst sein? Beim Beispiel des Stampfens ist es so, dass mir bisher jeder einzelne Lehrer gesagt hat
Nicht stampfen, lasse den Fuß einfach auf den Boden fallen.
Na super! Aber dann macht es nicht dieses Eindruck erweckende Geräusch und sieht total unspektakulär aus! Vielleicht schwindelt der Lehrer auch, was weiß man schon. Man geht also nach dem eigenen Gefühl und stampft einfach weiter. An dieser Stelle sollte man ehrlich zu sich selbst sein und nicht dem Instinkt folgen, mit dem Stampfen Eindruck bei anderen und bei sich selbst zu schinden.
Das Problem an Taiji ist, dass keine Bewegung so ausgeführt wird wie ein Untrainierter sie wahr nimmt. Master Chen Zhonghua und andere Lehrer betonen das andauernd. Er sagt auch, dass man den Anweisungen folgen soll, nicht dem eigenen Gefühl. Grund ist, dass, folgt man dem eigenen Gefühl, man nie Taiji erlernen kann, weil die meisten Bewegungen kontraintuitiv sind. Deswegen gibt es in der Chen Fake Linie, zu der Practical Method gehört eine Methode um den Körper diese andersartigen Bewegungen anzugewöhnen. Im Speziellen kenne ich die, welche in Practical Method benutzt wird.
Ehrlich ist man, wenn man das akzeptiert. Man akzeptiert, dass man zunächst einmal alles falsch macht und auch lange Zeit falsch machen wird. Wird einem das erst mal bewusst hat man keinen Grund sich zu stressen. Besonders in unserer westlichen Welt will man immer schnell Resultate sehen. Das kann man vergessen. Im Taiji kommen die ersten echten Resultate erst nach 2-3 Jahren. Davor ist es sehr gut für Fitness, Konzentration und natürlich darf die soziale Komponente, wenn man in ein regelmäßiges Training geht, nicht unterschätzt werden, aber Taiji wird es erst später.
Am Beispiel des Stampfens heißt es, dass man es falsch machen soll. Aber richtig falsch, d.h. so wie der Lehrer das einem sagt. Das macht dann kein fetziges Geräusch und beeindrucken kann man damit leider auch zunächst niemanden, aber nach einer Zeit entwickelt sich aus dem richtigen Falsch das eher Richtige und, ist man konsequent genug, wirds dann auch irgendwann mal richtig.
Das Stampfen ist ein erstes Beispiel. Tatsächlich ist das mit jeder Bewegung so. Jede kleinste Drehung, jeder Schritt und Kick. Es gibt Bewegungen von denen wusste man gar nicht das es sie gibt. Ist man im Training ehrlich zu sich selbst und trainiert richtig falsch wird man aber schneller drauf kommen als wenn man ständig falsch falsch trainiert.
Selbst Meister sagen, sie sehen bei sich selbst immer noch Fehler. Ich denke sie verfolgen einen sehr ähnlichen Ansatz und sind ehrlich mit sich selbst und hinterfragen kritisch jede einzelne Bewegung.
Ich für meinen Teil bin sicher kein Meister, gehe aber durch die Form und denke mir bei jeder Bewegung ob sie in die richtige Richtung geht oder komplett falsch ist. Bei vielen Bewegungen weiß ich genau, dass ich noch nicht begriffen habe, um was es da eigentlich geht. Bei anderen wiederum bin ich sicher ich bin auf dem richtigen Weg, auch wenn sie momentan noch nicht korrekt sind. Um das Stampfen wieder herzunehmen: Ich denke nicht darüber nach, ob das jetzt ein cooles Geräusch macht, kraftvoll aussieht und beeindruckt. Ich mache es einfach so wie die Anweisungen für diese Bewegung sind.